Meine Tochter Lamda

Es ist ein ganz normaler Schultag an einem Gymnasium im südlichen Schwarzwald. Der Physik LK hat die ersten beiden Stunden Unterricht und freut sich auf die Pause. Es ist wie erwähnt ein normaler Tag wie jeder andere. Es geht um Lamda. Dies ist bei einer Schwingung genau der Abstand, bis sich die Wellenform wiederholt. Ich werde einst meine Tochter Lamda nennen (Sofern meine Frau nichts dagegen hat). Es ist ein toller Name für ein Mädchen...

Dieser Text entstand in einer sehr interessanten Physikdoppelstunde bei meinem Physiklehrer Herrn Bayer... Nein, kein Vorwurf an Herrn Bayer, der Unterricht ist wirklich interessant, doch ist es nicht noch interessanter in die Zukunft zu reisen, und sein Leben zu leben?

Meine Tochter Lamda ! Man sagt sie soll bei der Geburt 2,5 kg gewogen haben, aber das glaube ich nicht. Ich glaube, dass die Waage im Krankenhaus kaputt war, Lamda ist ja jetzt noch spindeldürr, man kann ja fast durch sie hindurch sehen. Jetzt ist Lamda schon 13; die Wilde 13 war bei Jim Knopf und Lucas eine böse Piratenbande. Man merkt ihr an, dass sie langsam wild wird. Aber das legt sich bei unsrer Lamda schon wieder, da bin ich mir sicher. Es ist doch Wahnsinn, wie die Zeit vergeht, jetzt ist Lamda schon 13... dann bin ich ja schon 43. Rita wird auch nicht wieder jünger, obwohl sie sich alle Mühe gibt. Rita... Mit Rita ist es auch nicht mehr so, wie es einmal war. Ich sollte meine Seele dem Satan verkaufen, um noch einmal mit ihr diese Zeit durchzumachen. Die Zeit. Es heißt: die Zeit heilt alle Wunden, doch das glaube ich nicht, die Zeit reißt auch neue Wunden auf. Ich glaube, dass sich alles normalisiert. Es wächst Gras über alles; über das Gute und das Schlechte.

Noch einmal wie damals. Wir waren so jung. Ich denke heute noch ab und zu, dass Rita jünger sei als ich, aber vielleicht ist sie ja glücklicher und altert deshalb nicht so schnell. Jaja, ich war auch mal ausgeflippter, aber das legte sich. Ich bin jetzt erwachsen. Auf jeden Fall bin ich ernster geworden. Erwachsen ist man glaube ich erst, wenn man tot ist. Lamda ist jetzt 13. Sie ist schon ein bisschen frühreif. Ich kann mich nur sehr schwer in ihre Lage versetzen, vielleicht auch, weil ich zu wenig mit ihr unternehme. Doch ich denke, das irgendwann die Zeit kommt, wo sich Papi und Mami von ihren Kindern lossagen müssen, vielleicht ist das aber auch nur ein Vorwand von mir. Ich glaube, dass ich für solche Späße zu alt geworden bin. Außerdem ist sie, glaube ich, glücklich in ihrem Leben, ohne mich. Ich denke, dass es für mich sehr schwerer noch wird, wenn sie erst ihren eigenen Stil, ihre eigene Individualität entwickelt. Und irgendwann wird sie ausziehen. Gnade mir Gott, wenn sie dann noch einmal an das Sterbebett ihres Vaters tritt.

von Armin Sudhoff

Die "Fortsetzung": Wir dummen dummen Deutschen

 

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