PALISTO: Der
Jakob aus "Herz im Kopf" scheint Dir persönlich viel ähnlicher
zu sein, als der Janosch aus dem Film "Crazy".
TOM SCHILLING:
Das kommt dem auf jeden Fall näher. Die beiden Charaktere
sind sich in der Hinsicht nicht ganz unähnlich, dass sie ein
Problem haben. Beide sind sie sehr widersprüchlich. Der
Janosch aus Crazy ist total extrovertiert und macht die
Ansagen in der Clique und der Jakob der hat null Bock
auf Menschen und kehrt sich sehr nach innen. Er hat
richtgehend Probleme mit Nähe zu Anderen. Das geht schon
eher in meine Richtung als der Janosch.
PALISTO: Nach "Crazy" konntest du dich vor weiblichen
Fans kaum retten. Haben die sich eher in die Rolle des
Janosch verliebt?
TOM SCHILLING:
Auf jeden Fall. Damit konnten die einfach mehr anfangen.
Es hat mal so ne' 35jährige Frau gesagt, dass man als
weiblicher Teenager eher so auf Arschlöcher steht als auf
nette, verständige Männer, die man dann mehr mit
Dreißig schätzt.
PALISTO: Wie hat sich Dein Leben, auch rund um die
Schule, mit dem Erfolg als Schauspieler verändert?
TOM SCHILLING:
Auf einmal habe ich Geld verdient und konnte zum Beispiel von zu Hause ausziehen.
Ich bin dann erst mal wieder in die Schule gegangen.
PALISTO: Wie sind deine Lehrer mit dem plötzlichen Erfolg umgegangen?
TOM SCHILLING:
Auf unterschiedliche Art und Weise: Mit den meisten Lehrern lief es so weiter
wie auch davor. Aber meine Englischlehrerin hat mir zum Beispiel wirklich
Steine in den Weg gelegt. Ich habe insgesamt sechs Monate in der Schule gefehlt
und war trotzdem nicht schlecht. Und damit hatte sie ein Problem. Sie hat
mich wirklich runtergezogen, weswegen ich den Englischunterricht oft geschwänzt
habe, was die Sache dann noch schlimmer gemacht hat.
PALISTO: Nach deinem letzten Kinofilm warst du der Publikumsliebling
schlechthin. Auch die Bravo wollte dich für ihre Titelseite haben, du
hast jedoch abgelehnt. Warum?
TOM SCHILLING:
Die Anfrage von Bravo kam erst, nachdem der Film schon einige Wochen lief
und die gemerkt haben, dass die Leserschaft sich eigentlich mehr für
meine Rolle interessiert. Da ging es aber nur darum, etwas über mich
zu erfahren und nicht mehr um den Film. Ich wollte einfach nur meine Schule
machen und auch noch in Ruhe auf dem Schulhof stehen können.
PALISTO: Die Zielgruppe von "Herz im Kopf" ist genauso
alt wie du selbst. Wie ist das, für seine eigene Altersgruppe zu spielen?
TOM SCHILLING:
Wenn ich die Filme drehe, dann denke ich nicht an die Gleichaltrigen sondern
nur an die Rolle. Ich hab nicht viele Kumpels, deswegen kriege ich auch nicht
so viele Meinungen zu hören. Meine richtig engen Freunde finden das eher
lustig, wenn man auch mal was nicht so cooles spielt. Ich sehe es aber eher
als Arbeit und rede nicht mit meinen Freunden ständig darüber.
PALISTO: Der Jakob hat im Film unter anderem Probleme mit menschlicher
Nähe. So kann er die Zuneigung zu seiner Schwester nur schlecht zeigen.
Ein allgemeines Problem von Jungen?
TOM SCHILLING:
Ich trau' mich das jetzt nicht zu verallgemeinern. Der Jakob ist in einer
Phase wo er noch nicht so richtig weiß, wer er ist und was er auf der
Welt soll. Aber es gibt ganz viele Leute die zum Beispiel ein Problem haben,
ihre Kinder zu umarmen. Woran das genau liegt, würde ich gern wissen.
PALISTO: Für Deine Filmpartnerin Alicja aus Polen war es ein
Auslandsdreh. Wäre das für Dich auch vorstellbar?
TOM SCHILLING:
Ich bin gar nicht reislustig und fühle mich da eher unwohl. So souverän
wie Alicja könnte ich das nicht.
PALISTO: Alicja spielt ja ein Aupair-Mädchen. Würdest
du so etwas auch machen wollen?
TOM SCHILLING:
Ich? Ne, also ich bin wirklich überhaupt nicht der Typ dazu. Vor einem
Jahr war ich in New York, heute würde ich mich da wohler fühlen,
da ich nun ein bisschen was kenne. Aber so von hier auf jetzt zu einer neuen
Familie? Muss wirklich nicht sein.
Das Interview führte PALISTO-Redakteur Martin Müller.