Wozu eigentlich zur Bundeswehr?

So lautet wohl die grundsätzliche Frage, die sich viele stellen, wenn sie jenen berühmten Brief in den Händen halten, der jedes Jahr alle jungen Männer im wehrdienstfähigen Alter zur Musterung auffordert. Eigentlich hatte man ja was anderes vor, als sich jetzt auch noch zum Kreiwehrersatzamt zu bewegen, nur um dort diese Veranstaltung über sich ergehen zu lassen. Und überhaupt - wieso haben die sich ausgerechnet mich ausgesucht, wo doch alles um mich herum in Frieden lebt und weit und breit keine Auseinandersetzung größerer Art in Sicht ist? Wahrscheinlich bringen die zehn Monate ohnehin nichts und man könnte mit der Zeit was besseres anfangen, als im Dreck zu kriechen und die Zeit in irgendwelchen Kasernen abzusitzen.
In einer Zeit, in der über das Fortbestehen der Wehrpflicht und den Sinn der Bundeswehr mehr denn je diskutiert wird, scheinen diese Fragen und Zweifel als durchaus berechtigt. Na-hezu alle, die dieses Thema momentan betrifft, haben ohnehin den Krieg nie erlebt und deshalb wirkt die Institution Bundeswehr gleich doppelt fragwürdig und befremdend. Doch ist es wirklich so, daß Deutschland fern jeder Konfliktgefahr lebt und es deshalb nicht länger nötig ist, eine Armee aufrecht zu erhalten? Und wird deshalb auch nicht länger die Wehrpflicht gebraucht?
Zunächst einmal ist jede Form von Krieg eine überaus primitive Form der Konfliktlösung. Schließlich zeigt sich daran das auch zu Zeiten des modernen und aufgeklärten Menschen die Unfähigkeit durch vernünftigen Dialog eine Auseinandersetzung zu lösen, ohne das dabei jemand zu Schaden kommt. Und trotzdem wird von vielen Staaten die Möglichkeit einer militärischen Auseinandersetzung nicht ausgeschlossen. Im Gegenteil, sie wird auf dieser Welt ständig praktiziert. Sicher ist der Krieg kein neues Phänomen und dennoch ist er in allen sei-nen Formen immer noch ein nahezu täglicher Begleiter der Menschheit, wenn man die Fern-sehbilder und Berichte beachtet, die uns ständig erreichen. Aber an dieser Stelle muß zwi-schen zwei grundsätzlichen Formen der Auseinandersetzung unterschieden werden. Da ist zum einen der Angriffskrieg als Ausdruck einer nationalen Aggression und andererseits exi-stiert auch immer der Angegriffenen, der von seinem Recht auf Verteidigung Gebrauch macht. Und niemand wird abstreiten, daß im Falle eines militärischen Konflikts, jeder Mensch ein Interesse an der Bewahrung seines Lebens, seiner Familie, seiner Freiheit und vielleicht auch seines Landes hat und deshalb auf einen bewaffneten Angriff ebenfalls nur mit Waffengewalt reagieren kann. Denn trotz eines weitverbreiteten Partnerschafts- und Sicher-heitssystems ist eine Kriegsgefahr, solange es Staaten gibt, die nicht in die internationale Ge-meinschaft eingegliedert sind, nie völlig auszuschließen. Und im Unterhalt einer Armee be-steht das einzige Mittel, um im Ernstfall in gegebenem Maße reagieren zu können. Es ist also auch im Interesse jedes einzelnen Bürgers, dafür zu sorgen, daß im Konfliktfall dem Verlust jeglicher Besitzstände -materieller und ideeller Art- vorgebeugt wird. Und eben aufgrund die-ser Verantwortung sollte jeder einzelne seinen Beitrag zum Schutz des eigenen Landes er-bringen, was durch das Ableisten des Wehrdienstes erreicht wird. Der Name "Bundeswehr" zeigt dabei auch eindeutig die Aufgabe der Armee sich zu wehren und nicht anzugreifen. Darüber hinaus hat sich das Aufgabenfeld er Bundeswehr im Lauf der letzten Jahre erweitert hinsichtlich humanitärer Einsätze. Zum einen zeigte der Hilfseinsatz der Truppe aus Anlaß des Oderhochwassers, daß derartige Katastrophensituationen nur durch den Einsatz von ge-schulten Kräften mit entsprechender Ausrüstung bewältigt werden können. Aber auch auf internationalem Gebiet leistet die Bundeswehr mehr und mehr ihren Beitrag zur internationa-len Krisenbewältigung. Ohne das militärische Handeln der westlichen Bündnispartner im ehemaligen Jugoslawien, hätte der dortige Vernichtungskrieg des Regimes zu einer noch grö-ßeren Katastrophe geführt, als ohnehin schon. Auch daran zeigt sich, daß es jeden individuell betrifft, dafür zu sorgen, daß die Rechte eines jeden Menschen auf Demokratie, Frieden und Freiheit notfalls sogar mit Waffengewalt durchgesetzt werden können. Hinsichtlich der be-waffneten Konflikte in aller Welt, wird die Bundeswehr auch in Zukunft gebraucht werden und kann nur durch den individuellen Beitrag in Form des Wehrdienstes wirksam ihren Auf-gaben nachkommen.

von Matthias Schwab

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