Zurück zum Mittelalter oder der aktuelle Stand um die Gleichberechtigung der Frau

Wir schreiben das Jahr 2001, befinden uns also folglich im fortschrittlichen 21.Jahrhundert, dem dritten Jahrtausend nach Christus. Ein Zeitalter der Postmoderne, indem wir, rückblickend auf viele geschichtliche Zeugnisse, eine ganze Menge an Veränderungen erreicht haben. Eine Epoche, geprägt von künstlicher Intelligenz, künstlicher Befruchtung, künstlichen Organen und künstlich verbesserter Nahrung. Eine Welt, in der Mann und Frau, Seite an Seite vereint, für das allgemeine Wohl kämpfen. Vorsintflutliche frauendiskriminierende Zustände wie Hexenverbrennungen, Ausschlüsse aus Lehrstühlen und wissenschaftlichen Gremien, Verbannungen auf einsame griechische Inseln sind schon lange ein Tabu. Geschlechterkämpfe scheinen gleichsam aufgehoben, man spart die Kräfte wohl für Zweckmäßigeres.

Frauen wiegen sich im Glauben, nun endlich als Gleichberechtigte anerkannt worden zu sein. Leistet doch ein großer Teil der weiblichen Weltbevölkerung vergleichbare Arbeit wie die "Männer der Schöpfung". Sie überhören beflissentlich Kommentare, die geschlechtlich begründete Unfähigkeit Auto zu fahren oder technische Geräte zu bedienen betreffend. Wohlwissend, dass auch sie nicht ganz unschuldig sind, was die Diffamierung des anderen Geschlechts angeht, verfolgen sie stets ein gemeinsames Ziel: den Wunsch, die Erde zu einem friedlicheren und glücklicheren Ort zu machen. Zu diesem Zweck bilden sie sich fleißig weiter, gewöhnen sich maskuline Verhaltensweisen wie das Tragen von Hosen und Krawatten sowie den Kauf und die Pflege eines Porsches an, lassen sich von Neidern Emanzen oder Feministinnen schimpfen und genießen die wohlverdienten Früchte ihres Erfolges. Wenn es der Konkurrenzkampf um den größtmöglichen Ehrgeiz zwischen ihresgleichen zulässt natürlich. Es ist bestimmt nicht utopisch zu behaupten, in nicht allzu ferner Zukunft wäre ein Punkt am Horizont aufgetaucht, an dem Frauen die gegenseitige Solidarität auf- und sich ahnungslos in die Hände ihrer Peiniger gegeben hätten. Doch weder Xena, noch Ally McBeal oder Scully werden die weiblichen Vertreterinnen der menschlichen Rasse wieder zusammenführen, sondern allein die Tatsache, dass den männlichen Intriganten ein wahrhaft schwer übersehbarer Fehler im Kalkül ihres Planes unterlaufen ist. Mehr und mehr wird klar, dass die Testosterontarnkappenbomber des 21. Jahrhunderts keineswegs eine wirkliche Gleichberechtigung der Frau in Erwägung gezogen haben. Gott bewahre, im Gegenteil:

Punkt 1 der Anklage im Fall um den Besitz der Weltherrschaft: Verräterisch feminine Stimmen prägen immer noch das (Klang)Bild unserer Zeit. Angeführt von Marktmonopolen wie dem größten Internetprovider weltweit: America Online, AOL, wird der zahlfreudige und doch eigentlich neutrale Kunde nicht etwa vor die Wahl der freundlichen Begrüßung, des Füllungsstandes der Mailbox oder des Fortschritts des Übertragungsvorganges gestellt, nein, eine zarte, weibliche Stimme ertönt sogar, wenn das mit Fehlern gespickte Serviceprogramm nicht mehr antwortet und den Rausschmiss des Mitglieds bevorzugt. Ganz ehrlich, wer außer Barbaras Sympathisantinnen würde stattdessen nicht lieber ein anzügliches "ich bin ja schon drin" oder "ich bin ja wieder draußen" Boris Beckers bevorzugen?

Punkt 2 im Fall Alice Schwarzer gegen den Terminator Christian: Diese weiblichen Stimmen finden sich viel zu oft im Alltagsbild wieder. Wie könne man je ohne Schamröte von einer Gleichberechtigung der Frau sprechen, behaupten, sie sei nun ihrem strengen Gesellschaftskorsett entwachsen, wenn traditionelle Rollenverteilungen wie die Animation lüsterner Männer noch immer nicht aufgegeben wurden? Frauen sprechen für die Auskunft, Mobiltelefongesellschaften wie D1, D2 , E2/Viag oder auch eplus. Sie schenken japanischen Weckern ihre Stimme und flöten orientierungslosen jedoch finanzstarken, männlichen wie weiblichen Autofahrern ein teilnahmsloses "An der nächsten Kreuzung bitte rechts abbiegen" in die Ohren. Diese Teile im Auto nennen sich dann auch noch "Carin".

Da dachten wir so weit gekommen zu sein. Waren von Nektar und Ambrosia zu siegestrunken, um zu bemerken, dass der alte Konflikt zwischen den natürlichen Antagonisten um Macht und Sagen in der Welt nicht einfach durch Verlassen der heimatlichen Kochstätte, geschicktes Taktieren und Plagiieren der gegnerischen Verhaltensweisen entschieden werden konnte. Unser Plan, die Weltherrschaft an uns zu reißen, ist also fehlgeschlagen. Genau wie der unserer Gegenspieler im ewigen Geplänkel und Gerangel um die Frage, wer denn nun wirklich die Hosen tragen darf. Doch das Kriegsbeil ist noch lange nicht begraben, der Kampf genauso wenig ausgefochten: Sie werden sich wundern, die Männer des dritten Jahrtausends, denn unter dezenter Kriegsbemalung, von generösen Vertrieben wie L'Oréal, Helena Rubinstein und Christian Dior getragen, wird mit Sicherheit eine neuer femininer Anschlag improvisiert werden, der uns eventuell an unser wirkliches Ziel bringen: Tyrannei über Mann, Kochtopf und Kind, Schwiegereltern, Haustier und die virile Stimme. Auf zu weiteren zweitausend Jahren Brot und Spielen!

von Ute Scheunemann