Humor hat, wer nach Lesen dieses Artikels trotzdem lacht!

"Humor ist keine Gabe des Geistes, er ist eine Gabe des Herzens." So Ludwig Börne in einer Denkrede Jean Paul betreffend. Doch die Zeiten ändern sich. Eben hatten wir noch die Illusion, unsere Gefühle seien intuitiv und von uns selbst bestimmt und nun liegt sie, angesichts der sich ständig erweiternden medizinischen Erkenntnisse, in einem kleinen Scherbenhaufen am Boden.

Humor - manche Menschen haben ihn und werden vielleicht auch darum beneidet, manche aber auch nicht. Viele können über bestimmte Witze und Scherze lachen, andere wiederum finden sie nicht im Geringsten komisch. Afrikaner, Amis, Franzosen, Briten, Japaner und Inder unterscheiden sich, abgesehen von Vorlieben für Sushi, Burger, Croissants, Reis oder Heuschrecken noch vor allem im Bereich dessen, was jeder für komisch, belustigend und amüsant hält. Dies mag vielleicht wirklich zum einen an Faktoren wie Erziehung, Prägung des sozialen Umfelds und der landeseigenen Mentalität liegen, doch haben Wissenschaftler der University of Rochester, New York, in langen Studien herausgefunden, dass Humor auch medizinische Hintergründe hat.

Lachen hilft gegen zu hohen Blutdruck, gegen Angstzustände, Depressionen und sogar bei der Heilung von Krebs. Dass Lachen gesund ist, ist schon lange bekannt. Doch nun hat man genauere Gründe für die Miesepetrigkeit des einen und sprühende Heiterkeit des anderen Menschenschlages festgestellt.

"Ein kleiner Teil des Stirnlappens (im frontalen Part der Großhirnrinde) scheint dafür zuständig zu sein, dass wir Witze letztlich auch verstehen", erklärte Radiologie-Professor Dean Shibata kürzlich auf dem Kongress der nordamerikanischen Radiologischen Gesellschaft. Wie der Experte des Gebietes berichtete, müsse dieser Teil der Großhirnrinde unbedingt korrekt arbeiten, damit uns kopfgesteuerten Menschen klar wird, was überhaupt lustig ist. Sei seine Funktionalität hingegen durch Schäden jeglicher Art beeinträchtigt, verstünden wir weder Witze, noch Scherze oder Ironie richtig.

In einer Testphase mit verschiedenen Probanden fanden die US-Wissenschaftler heraus, dass beim Lesen lustiger Comics bestimmte Bereiche eben dieses Stirnlappens erregt wurden. Allerdings kann man, gemäß der veröffentlichten Studie, sogar noch Unterschiede innerhalb eines einfach erscheinenden Gelächters machen: ein von anderen angestecktes Mitlachen kann im Gehirn an anderer Stelle registriert werden, als das unbeeinflusste Lächeln über einen Witz.

Diese neuen Erkenntnisse über das Lachzentrum des Menschen können somit auch erklären, warum manche Patienten, die mit den Folgen eines Gehirnschlags zu kämpfen haben, häufig unter dem Verlust ihres Humors leiden. "Außerdem ist es für Psychiater vielleicht zukünftig möglich, die Gehirnaktivitäten von Patienten zu kontrollieren, die an Stimmungsschwankungen leiden", sagte Shibata, "schließlich geht beispielsweise Depression häufig mit dem Verlust des Humors einher." Da hat er doch Recht, der Mann, und nach guten Nachrichten klingt das beinahe auch noch. Wenigstens etwas, wenn schon nicht einmal mehr ein Lachen auf uns selbst zurückzuführen ist... Es liegt also leider nicht allein in unseren Händen, ob wir eine charmante, heitere Natur zu unseren Charaktereigenschaften zählen dürfen.

Aber warum tut Lachen eigentlich so gut? Wenn wir lachen, legt sich die Nase in niedliche Falten, die Nasenlöcher weiten sich bei manchen Menschen zu schier nicht enden wollenden Kratern, was eigentlich gar nicht entspannt aussieht. Der "Lach" - Muskel zieht den Mund nach oben und beschert dem Gesicht einen naiv-glücklichen Ausdruck - nun ja oder einen, der das Gegenüber ebenfalls amüsiert. Der Augenmuskel wird angespannt und aktiviert so im Gehirn positive Gefühle. Die originellen Lachlaute oder auch das eine oder andere unbeabsichtigte Grunzen, die das Lachen jedes Menschen so individuell und unwiderstehlich machen, entstehen übrigens durch in Schwingung versetzte Stimmbänder. Stresshormone werden abgebaut und die "körpereigene Polizei" alarmiert. So können sich Blutinhaltsstoffe, die die Immunabwehr sicherstellen, deutlich vermehren. Praktisch, oder? Während es uns so richtig gut geht, macht unser Körper zusätzlich noch das Beste daraus! Schlussendlich kommt es zu einer Ausschüttung schmerzlindernder "Glückshormone", den Endorphinen, die sich sonst nur selten, zum Beispiel nach langem Joggen oder nach dem Verzehr zahlloser Schokoladentafeln, im Blut nachweisen lassen.

Aber wie es nun dazu kommt, dass alle Menschen Lebenslust und Witz unterschiedlich auszudrücken vermögen, ist damit noch nicht klarer. Doch unser Experte konnte auch dafür eine geeignete Erklärung geben: Nach den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen hat also derjenige Sinn für Humor, dessen Stirnlappen richtig funktioniert. Das zumindest hat uns die jetzt von Dean Shibata vorgestellte US-Studie gelehrt. Aber was genau macht diese Fähigkeit denn aus, auf komische Situationen mit Lachen zu reagieren - oder solche Zustände herzustellen?

Schlüssel zum Humor sei die Kunst, die Schattenseiten des Lebens mit heiterer Gelassenheit und geistiger Überlegenheit zu betrachten - so steht es jedenfalls im Wahrig-Wörterbuch. Der Mensch, der einen reifen Sinn für Humor hat, muss demnach auch über sich selbst, über seine eigenen menschlichen Schwächen und Unzulänglichkeiten lachen können. Diese überlegene geistige Grundhaltung erfordert es, dass man sich von dem Gesagten zu distanzieren weiß. Humor ist eine globale Form des zwischenmenschlichen Umgangs, die an sich keine kulturellen Grenzen kennt. Im Gegensatz zum Humor ist der Witz auf die verbale Sprache angewiesen. Als sprachbedingtes Kulturprodukt setzt der Witz eine gewisse Vertrautheit mit den Finessen der Sprache und der Kultur voraus, in denen er entstanden ist.

Briten lachen am liebsten über ihre "Royal Family". Auch Politiker sowie die verschiedenen Inselbewohner (Waliser, Engländer, Schotten und Iren) sind beliebt, um die Einheimischen mit dem ihnen typischen "British humour" zu erheitern, wohingegen sie BSE-Scherze überhaupt nicht erheiternd finden. Inder, zum Beispiel, schmunzeln am liebsten über "Malayalee" (Bewohner Malaysias), "Singh" (Einwohner Sri Lankas) und andere regionale Einwohner ihres Landes, Neuseeländer scherzen unter anderem über Australier und deren Umgang mit der dort vorherrschenden Opossumüberbevölkerung. Die liebsten Witzobjekte der Japaner sind die USA, Hollywood, Western-Stars und auch der gesamte restliche Westen der Welt. Russland bevorzugt Anekdoten über die sogenannten Neurussen, "Vasya", sowie die Postsowjetbourgeoisie. Präsident Joseph Estrada, Anti-Erap-Witze und Scherze über die eigenen Medien sind den Bewohnern der Philippinen ans Herz gewachsen, Franzosen bedienen sich des "Centre", Gebieten des einfachen eigenen Landes außerhalb der Großstädte und französischer Versicherungen, wohingegen Singapur teilweise über die nicht vollständig intakte Seite des Lebens im eigenen Stadtstaat witzelt.

Wenigstens ist Humor, wenn schon nicht ganz von uns beeinflussbar, reichlich vielseitig und für Außenstehende nicht immer auf Anhieb verständlich. Aber das liegt hoffentlich wenigstens diesmal nicht an einer uns eigenen Fehlfunktion des Stirnlappens...

von Ute Scheunemann